Nun habe ich mich endlich wieder hingesetzt, um meinen Blog
weiterzuschreiben. In den letzten Wochen ist bekannter Weise einiges passiert,
was auch das Leben in Sant’Anselmo betrifft. Ende Februar wurden die ersten
Covid-19-Fälle in Italien entdeckt. Hier in Rom merkte man, dass der Tourismus
langsam zurückging, Einschränkungen des öffentlichen Lebens oder gar „rote
Zonen“ wurden jedoch zunächst nur im Norden Italiens eingeführt. Seit dem 11.
März darf auch in Rom das Haus nur noch zum Einkaufen, für Arztbesuche oder um
arbeiten zu gehen, verlassen werden. Auch Spaziergänge oder Joggen ist noch erlaubt,
aber nur in der Nähe der Wohnung und nicht in Gruppen. Sobald man das Haus
verlässt, muss ein „Passierschein“ mitgeführt werden. Diesen füllt man selbst aus und muss der Polizei
vorgezeigt werden. Es drohen Geld- und Gefängnisstrafen bei Nichtbefolgung.
Für die Hausbewohner von Sant’Anselmo gelten strengere
Regeln. Da in der Gemeinschaft das Ansteckungsrisiko zu groß ist, dürfen wir
das Klostergelände nicht verlassen. Im Chorgestühl und im Refektorium
(Speisesaal) sitzen wir seit zwei Wochen nun mit größerem Abstand. Wem
Zahnpasta, Duschgel etc. ausgeht, kann beim Cellerar kostenlos einkaufen.
Medikamente und andere notwendige Dinge können bei P. Geraldo bestellt werden.
Wer zum Friseur möchte, kann sich bei P. Marion melden.
Ich vermisse den Caffè, das Eis, die Pizzen, die
Möglichkeit einfach spazieren zu gehen und in Rom Dinge zu entdecken. Aber mir
geht es gut und hier im Kloster vermutlich deutlich besser als anderen Römern,
die in ihrer Drei-Zimmer-Wohnung sitzen und nicht in einem großen Garten die
Sonne genießen können oder die Kinder, die zu Hause bleiben müssen und nicht
die Möglichkeit haben, dreimal die Woche Fußball spielen zu können. So kann ich
es gut verstehen, dass bei unserem Fußballspiel gestern ein Nachbar wütend
wurde und mit der Polizei drohte.
Auch in Rom fallen alle öffentlichen Gottesdienste aus. Die
Kirchen dürfen aber geöffnet bleiben. Die Hochfeste der letzten
Tage - Hl. Josef und den Todestag d. hl. Benedikt - und den heutigen Laetare-Sonntag feierten wir nur mit der
Hausgemeinschaft.
Soweit der aktuelle Stand der Dinge. Bis 3. April dauert
dieser Ausnahmezustand in Rom noch. Der Ministerpräsident hat jedoch eine
mögliche Verlängerung schon angekündigt.
Was ich vor der „Quarantäne“ erlebt habe:
Die letzten Wochen waren trotz Spül- und Pfortendienst, die
natürlich immer auf dem Plan stehen, eher ruhig und entspannt. Auch die
Fußballsaison auf dem „Acker“ hinter Sant’Anselmo hat wieder begonnen. Anfang
Februar nutzte ich meinen freien Tag für einen Ausflug nach Orvieto, einem
kleinen Ort, 1,5h nördlich von Rom. Mit der Seilbahn erreichten wir die auf
einem Plateau gelegene mittelalterliche Altstadt. Die Besichtigung des Domes im
„Zebramuster“ (Pilgereingang auf der linken Seite) und der „Pozzo di San
Patrizio“, ein im 16. Jahrhundert gebauter Brunnenschacht lohnen sich. Über die
in einer Doppelhelix verlaufenden Auf- und Abstiege wurde mit Eseln Wasser nach
oben transportiert.
Die restaurierten Stühle (fleißige Blogleser erinnern sich)
sind nun lackiert und bereit für die zahlreichen Hochzeiten, die ab April hier hätten
stattfinden sollen, jetzt aber nun verschoben werden müssen. Dank dem Sakristan
P. Filipe weiß ich nun, wie Kerzen auf die gleiche Größe gebracht werden können
und wie sich Leuchter ganz leicht von Kerzenwachs befreien lassen: Mit
Bügeleisen und Haarföhn. Am 15. Februar wurden in Sant’Anselmo zwei
Benediktiner aus Kenia und den USA zu Diakonen geweiht.
Mitte Februar nutzte meine Familie die Schulferien für eine
Reise nach Rom. Wir besuchten u. a. die jeden Mittwoch stattfindende päpstliche
Generalaudienz. Im Winter findet diese in der Audienzhalle statt, die 6500 Sitzplätzen
fasst. Nach einer Andacht, einer Predigt zu den Seligpreisungen, die in acht
Sprachen übersetzt wurde, dem Vater Unser auf Latein und dem päpstlichen Segen,
begrüßte Papst Franziskus die an der Absperrung stehenden Gäste persönlich.
Kinder durften in die erste Reihe und so konnten meine jüngeren Geschwister dem
Papst sogar die Hand schütteln.
Am Faschingsdienstag gab es nach dem Abendessen eine kleine
Feier mit amüsanten Einlagen der Hausbewohner. So gab z. B. der Vizeprior, der
aus Argentinien stammt, „Don’t cry for me Argentina“ zum Besten.
Traditionell besucht am Aschermittwoch der Papst den
Aventin. Dieser Stationsgottesdienst beginnt in Sant’Anselmo mit einer
Prozession nach Santa Sabina. Wer die großen Einzüge zu päpstlichen
Gottesdiensten kennt, wurde hier überrascht. Insgesamt war die Messe sehr
schlicht gehalten und a capella begleitet. In Albe durften wir Volontäre in der
Prozession mitgehen. Welche Kräfte ein päpstlicher Besuch auslösen kann, zeigte
sich an der Geschwindigkeit der vorausgehenden Arbeiten. So wurde innerhalb von
zwei Tagen die Baustelle im Eingangsbereich von Sant’Anselmo beendet und der
Garten hergerichtet.
Die erste Hälfte meiner Klosterzeit ist schon vorbei. Ich
bin froh, dass ich mich dazu entschieden habe ein ganzes Jahr in Rom zu
verbringen, da ich erst jetzt die Stadt und das römische Leben richtig kenne. Ich
hoffe, dass es euch trotz den Einschränkungen, die wir nun alle erleben gut
geht. Bleibt gesund und passt auf euch auf.