Montag, 27. Januar 2020

Woche 21 - 22 - Klosterleben

Mit Beginn der Zeit im Jahreskreis ist nun auch das alltägliche Klosterleben zurück. Unser Pförtner ist wieder da und so übernehmen wir Volontäre nur noch am Wochenende und am späten Nachmittag den Dienst im Glaskasten am Eingang. Zu meinen „klassischen“ Diensten (Spülen, Administratives, Pforte etc.) kam nun als neue Aufgabe die Restaurierung einiger Stühle hinzu, welche bis zur Hochzeitssaison, die im Frühling beginnt, fertig sein müssen. Mit Kitt und Schleifpapier gilt es einige Wurmlöcher zu verschließen.
Letzten Mittwoch wurde das nun auf Italienisch erschienene Buch „uscire allo scoperto“ (dt. ins Freie gehen) des Priors von Sant’Anselmo hier im Kloster vorgestellt. Auf Deutsch erschien das Buch schon 2015 unter dem Titel „Zeigt euch! Warum man seinen Glauben nicht verstecken muss“.
Diese Woche war ich wieder stellvertretender Chauffeur. So holte ich am Donnerstag den Abtprimas vom Flughafen ab. Am Freitagvormittag fuhren wir zu einer Konferenz in den Vatikan. Nach dem Passieren des Schweizer Gardisten, sowie zwei Kontrollpunkten der Gendarmerie des Vatikans konnte ich ganz zentral parken. Eine Erfahrung, die mir hier bleibt: Auch hinter den Mauern des Vatikans herrscht viel Verkehr. Am Samstag ging es nach Sankt Paul vor den Mauern zur Abschlussvesper der Gebetswoche für die Einheit der Christen. Als Chauffeur von Abt, Prior und dem neuen Rektor des Ateneum konnte ich auch hier direkt im Innenhof des dortigen Benediktinerklosters parken, an der Schlange vorbei gehen und im Querschiff, direkt hinter den Kardinälen, die Vesper mit Papst Franziskus mitbeten. Beeindruckend und als Zeichen der konfessionell übergreifenden Gemeinschaft wurde der Schlusssegen gemeinsam von Papst, einem griechisch-orthodoxen sowie einem anglikanischen Vertreter gespendet.
Wegen der aktuellen Prüfungsphase hören wir für die nächsten zwei Wochen beim Abendessen statt der Tischlesung klassische Musik. Heute Abend sorgte Vivaldi für ein sehr fürstliches Ambiente.

Sonntag, 12. Januar 2020

Wochen 17 - 18 - 19 - 20 Weihnachtstage

Zum Ende der Weihnachtszeit fasse ich euch meine Erlebnisse der letzten Tage zusammen.
Am Mittwoch der letzten Vorlesungswoche vor Weihnachten fand das große Weihnachtsessen für die Studierenden am Ateneo statt. Nach einem großen Buffet und leckerem Panettone zum Nachtisch, hatten einige Studierende eine Piñata aufgehängt, eine Kugel mit sieben kegelförmigen Spitzen, die mit verbundenen Augen zerschlagen werden musste. Reihum hatte jeder eine bestimmte Zeit sein Glück zu versuchen. Am Schluss schaffte es unser Volontär Noah in einem Regen von Süßigkeiten und Konfetti zu stehen.
Am Donnerstagabend fand die traditionelle Weihnachtsrekreation mit allen Hausbewohnern statt. Jede Sprachgruppe präsentierte einige Weihnachtslieder und so reisten wir an diesem Abend nach Indien, Senegal, Mexiko, Deutschland, Frankreich, Brasilien und England.
Am vierten Advent besichtigte ich mit einigen evangelischen Studierenden aus Deutschland die Kirche Sant‘Agnese und ihre Katakomben.
Über die Weihnachtstage war ein guter Freund aus Tübingen zu Besuch, weshalb wir am 24. spontan ans Meer fuhren. Um 17 Uhr gingen die Feierlichkeiten mit der ersten Weihnachtsvesper los. Nach einem kleinen Empfang und Aperitivi wurde das Buffet eröffnet. Ich traue mich kaum das hier zu erzählen, aber es gab u. a. Lachspastete, Spaghetti mit Hummer und Riesengarnelen. Gut gesättigt begann um 20.30 die Vigil und um 22 Uhr dann die Christmesse. Natürlich mit gregorianischem Choral. Im Anschluss gab es ganz traditionell Sekt und Panettone.
Am ersten Weihnachtsfeiertag war ich als Turiferario eingeteilt, was mich besonders gefreut hat, denn Weihrauch machte ich schon immer gern ;)
Zu Weihnachten schenkten wir Padre Doroteo, der für uns Volontäre zuständig ist, ein Gruppenbild, aufgenommen mit einer Drohne. (Siehe oben)
Nun wurde es sehr ruhig im Haus, da nach den Feiertagen die meisten Mönche in ihre Heimatklöster zurückfuhren und erst zu Vorlesungsbeginn im Januar zurückkehrten.
Trotzdem war die Weihnachtsoktav festlich und kulinarisch ausgezeichnet geprägt.
Silvester und den Beginn des neuen Jahres verbrachte ich mit zwei Freunden und Punkt Mitternacht knallte der Sektkorken an der Engelsburg. An dieser Stelle wünsche ich allen meinen Lesern noch ein gesegnetes neues Jahr.
Kaum waren die acht Tage nach Weihnachten vorbei, folgte am 2. Januar der nächste „pranzo festivo“ (festliches Mittagessen). Der Abtprimas feierte seinen 70. Geburtstag. Dazu dichtete der Prior here comes the sun von den Beatles zum Geburtstagsständchen um. 
Da ein Mitvolontär, für einige Tage im Urlaub war, fuhr ich als stellvertretender Chauffeur den Abtprimas an den Bahnhof Termini. In einem BMW ist das "casino" (it. Durcheinander) des römischen Straßenverkehrs leicht zu bewältigen.
Am Dienstag nach Dreikönig begannen die Vorlesungen wieder und auch der Klosteralltag kehrte nun stärker zurück. Tischdienst und die Tischlesung beim Abendessen pausierten in den Ferien und beide Seiten des Chorgestühls sind jetzt wieder besetzt.
Gestern hatte ich die einmalige Gelegenheit zu einer Führung durch drei Kapellen im apostolischen Palast, organisiert durch einen Professor von Sant’Anselmo. Um acht Uhr trafen wir uns mit Piero Marini (Zeremonienmeister für die liturgischen Feiern des Papstes von 1987-2007) am Bronzetor. Vorbei am Schweizergardisten besichtigten wir zunächst die mit modernen Mosaiken gestalteten Kapelle redemptoris mater. Bei genauem Hinsehen entdeckt man in den Darstellungen der biblischen Geschichten auch einen Computer. Ein zweiter Punkt der mich hier fasziniert hat: Ich saß selten auf so bequemen Kirchenbänken. In der capella paolina sind die beiden letzten Werke Michelangelos zu sehen, eine Darstellung der Kreuzigung Petris und die Bekehrung des Paulus. Hier gelang mir ein besonderer Schnappschuss. Durch die Sakristei dieser Kapelle kommt man auch zum Aufzug des Papstes, der direkt in den Petersdom führt.
Leider gelang es mir nicht mehr einen Blick über die Loggia auf den Petersplatz zu werfen.
Ohne warten zu müssen gelangten wir direkt in die sixtinische Kapelle. Gegen den Strom der Touristen gingen wir durch eine kleine Tür links des Hochaltars und der Darstellung des jüngsten Gerichtes und kamen in die camera lacrimosa. In diesem kleinen Raum ziehen sich die Päpste nach ihrer Wahl durch das Konklave um.
Über die scala regia, die durch eine optische Täuschung deutlich länger wirkt verließen wir den apostolischen Palast und kamen in den Petersdom, wo die Führung endete.