Montag, 23. September 2019

Woche 4 - auf Hochglanz poliert





 
















Der Markt an der Porta Portese war deutlich größer als ich erwartet hatte. Mit dem Tipp von Padre Simon, die ersten 500 Meter seien nur für Touristen, versuchten wir unser Käuferglück. Es gibt tatsächlich alles. Espressokocher, Pfannen, billigen Schmuck, Kleidung (auch Second-Hand), was ich kürzlich auch im Bus erfahren habe. Auf einer wie immer holprigen Fahrt traf ich einen älteren Herrn, welcher ein Abishirt der Schule, an der ich vor zwei Jahren ein Praktikum absolviert hatte, trug. Auf Nachfrage, wieso er ein Tshirt aus Sindelfingen anhätte, meinte dieser, er wüsste gar nicht was auf dem Shirt stehe, er habe es aber an der Porta Portese gekauft. Welche Reise dieses Shirt hinter sich hat weiß ich nicht, aber solche Zufälle sind immer wieder faszinierend.
Am Mittwochabend fand in Santa Maria dell‘ Anima bei der deutschen Gemeinde ein Wilkommensgottesdienst statt. Anschließend ergab sich bei Pizza, Wein oder Bier die Gelegenheit zum Gespräch mit deutschsprachigen Studierenden, FSJler, Praktikanten und Schweizer Gardisten. Es tat gut nach drei Wochen wieder einen Gottesdienst in der eigenen Muttersprache zu feiern und mit vielen jungen Leuten aus dem Gotteslob[1] zu singen. Ich freue mich schon auf das „Oktoberfest“, welches dort in zwei Wochen stattfinden wird.
Am Freitagnachmittag stand wieder „pulizia chiesa“ auf dem Arbeitsplan. Zunächst wischten wir den Marmorboden und das Mosaik feucht. Das anschließende Polieren war eine monastische und kontemplative Aufgabe. Mit einem breiten Wischmopp ging es durch die gesamte Kirche. Hin und Her und Hin und Her - und hin und her, bis der Boden richtig glänzte. Abends veranstalteten wir Volontäre unseren ersten Kinoabend. Auf dem Programm stand „il marchese del Grillo“. Eine skurrile italienische Komödie, welche in Rom zur Zeit Napoleons spielt.
Samstagvormittag entschied ich mich zu einer spontanen Fahrradtour entlang des Tibers bis vor die Tore Roms. Nur hier lässt es ich ohne „Todesangst“ Fahrrad fahren. Ansonsten sind in Rom quasi keine Fahrradwege vorhanden und der römische Straßenverkehr... Samstags ist auch immer mein Wäschetag. Der Service der „Lavanderia“ hätte natürlich seinen Reiz, aber dort wartet man immer fünf Tage bis man seine Wäsche gebügelt und gefaltet zurückerhält. Nach vier Wochen im Kloster begann mit der ersten Vesper des Sonntags (am Samstagabend) der vier-Wochen-Zyklus der Psalmen von neuem. Einige Melodien der gregorianischen Gesänge sind sehr eingängig, für andere wird mehr Übung gebraucht. Das Lesen der Quadratnotation funktioniert aber schon ganz gut. 
Meinen ersten verregneten Tag - auch in Rom beginnt der Herbst, zwar nur langsam, aber dennoch - nutzte ich zur Besichtigung von zwei der insgesamt vier Patriarchalbasiliken Roms. So besuchte ich gestern die Lateranbasilika mit ihrer monumentalen Fassade, den imposanten Apostelstatuen und Fresken. Nach einem kurzen Abstecher zur scala sancta, einer Treppe mit 28 Stufen, welche Jesus bei seinem Prozess betreten haben soll und von der hl. Helena, der Mutter Konstatins, nach Rom gebracht worden sei ging es weiter zur Hauptkirche der über 40 Marienkirchen Roms - zur Basilika Santa Maria Maggiore. Da ich kurz vor einem Gottesdienst dort ankam, konnte ich die prunkvolle goldene Decke und die detailreichen Mosaike bei voller Beleuchtung bestaunen. Der Sonntagabend schloss mit dem Spüldienst. Heute beginnt meine letzte Woche in der Sprachschule.



[1] Kirchengesangbuch.

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